Wie Unternehmen eine SAP-Migration vorbereiten

Fachkräftemangel behindert den SAP-Neustart

19. September 2019 // 5 min Lesezeit

Digitalisierung steht auf der Wunschliste der Unternehmen weit oben. 9 von 10 Kunden des SAP-Systemhauses All for One Group beschäftigen sich gerade mit diesem Thema. Für SAP-Anwender ist die Migration der SAP Business Suite auf S/4HANA ein zentraler Hebel der Digitalisierung. Diese Generation von SAP-Systemen basiert auf der Datenbank SAP HANA, die sämtliche Daten im Hauptspeicher verwaltet. Das ermöglicht deutlich schnellere Datenzugriffe.

Neben der digitalen Transformation ist die Produktstrategie der SAP ein Grund für die Migration auf S/4HANA. Nach 2025 läuft die Wartung für die SAP Business Suite aus. Dann müssen alle Unternehmen ihre bisherigen SAP-Systeme auf SAP HANA migriert haben. Der Umstellungsbedarf ist groß: Die SAP selbst hat in ihrem Corporate Fact Sheet die Zahl der S/4HANA-Kunden im vierten Quartal 2018 mit 10.500 beziffert. Gemessen an der Gesamtzahl von 425.000 Kunden entspricht dies einem Anteil von 2,5 Prozent.

Fehlende SAP-Fachkräfte behindern den Systemwechsel

Ein sich verschärfendes Problem bei der anstehenden Migration ist die Knappheit der SAP-Spezialisten. In einem mittelständischen Unternehmen, bei dem mehrere externe IT-Applikationen mit dem zentralen SAP-System zusammenarbeiten, kann die Migration der gesamten Landschaft auf S/4HANA schnell mehrere hundert Manntage in Anspruch nehmen. Die dafür nötigen Fachkräfte sind am Markt aktuell nur schwer verfügbar. „Wir schaffen es kaum, alle eigenen Kunden bis 2025 auf S/4Hana zu migrieren“, berichtet Lars Landwehrkamp, Vorstandsvorsitzender der All for One Group. „Wir betreuen über 1000 Unternehmen mit SAP-Legacy-Systemen. Bislang haben wir rund ein Viertel davon umgestellt.“

Schon jetzt sind SAP-Fachkräfte knapp und begehrt. Der Mangel zeigt sich aber noch nicht in voller Breite, denn die Unternehmen zögern noch, ihre SAP-Landschaft auf die neue Systemgeneration umzustellen. Laut der diesjährigen Frühjahrsumfrage der SAP-Anwendervereinigung DSAG zu den Investitionsplänen ihrer Mitglieder wollen 5 Prozent in diesem Jahr auf S/4HANA migrieren, 39 Prozent in den kommenden drei Jahren und weitere 30 Prozent nach diesem Zeitraum. Ein Viertel der Unternehmen hat dazu noch gar keine Entscheidung getroffen.

Die bislang geringe Migrationsbereitschaft erklärt sich nach Aussagen der DSAG und der All for One Group an mehreren Faktoren: Zum einen stellen die Unternehmen ihre SAP-Systeme nicht gerne nach den Wartungszyklen der SAP um, sondern so, wie es ihrem eigenen Bedarf entspricht. Wer mit seinem bisherigen SAP-System aktuell gut klar kommt, der wird wohl den Umstieg auf eine neue Technologie gerne noch eine Weile herauszögern. Mehr als ein Aufschub ist das aber nicht.

Angesichts der aktuellen Zurückhaltung der Unternehmen dürfte es wohl nicht gelingen, alle SAP-Altsysteme rechtzeitig auf S/4HANA zu migrieren. Die gute Nachricht: „SAP garantiert zwar die Wartung nur bis 2025, aber daraus lässt sich nicht schließen, dass die Unternehmen danach keine Unterstützung mehr bekommen“, berichtet der DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco Lenck. „Wir haben es noch nie erlebt, dass die SAP ihre Kunden im Regen stehen lässt.“ Es wird demnach kaum dazu kommen, dass Unternehmen nach dem offiziellen Support-Ende keinen Herstellersupport mehr für Ihr SAP-System bekommen.

Jede Migrationsstrategie braucht eine strategische Personalplanung

Auch wenn Unternehmen darauf vertrauen, dass der Support für SAP-Altsysteme nach 2025 weiterläuft, müssen sie den Umbau ihrer SAP-Landschaft schon jetzt vorbereiten „Zunächst sollten die IT-Verantwortlichen eine Strategie erarbeiten, bis wann und in welcher Schrittweite sie in Richtung SAP S/4HANA migrieren“, empfiehlt Carolin Wolz, die seit 2010 als SAP-Personalberaterin arbeitet und seit 2013 bei der SAP-Personalberatung duerenhoff Unternehmen in Baden-Württemberg unterstützt. Die DSAG unterscheidet zwischen einem sogenannten Greenfield-Ansatz, bei dem die Unternehmen das SAP-System von Grund auf neu aufsetzen, und einem sogenannten Brownfield-Ansatz, bei dem Prozesse aus dem Altsystem weiter verwendet werden, die sich im Betrieb bewährt haben. Die beiden Migrationsstrategien unterscheiden sich im Aufwand und damit auch beim jeweiligen Bedarf an SAP-Spezialisten.

Parallel zur Migrationsstrategie sollten die Unternehmen laut Carolin Wolz eine strategische Personalplanung durchführen, die aufzeigt, wie viele SAP-Fachkräfte sie kurzfristig, mittelfristig und langfristig brauchen: „Idealerweise baut eine IT-Abteilung ein weiteres SAP-Team auf, das sich federführend um das SAP S/4HANA Projekt und die dafür notwendige Migration kümmert.“ Das andere Team stelle derweil den Betrieb des bestehenden SAP-Systems sicher, das bis zum Tag des Umstiegs unterbrechungsfrei laufen muss.

„Ein Unternehmen benötigt im Rahmen der bevorstehenden SAP-S/4HANA-Einführung mehr Ressourcen als bisher. SAP Abteilungen sollten ihre Inhouse Mannschaft aufzustocken, weil auch die SAP-Beratungshäuser den Bedarf an SAP S/4HANA Fachkräften bei weitem nicht decken können. Zudem müssen sie sicherstellen, dass ihr bestehenden SAP-Systems bis zum Tag des Umstiegs reibungslos läuft.“

Schulungen bieten SAP selbst und die Systemhäuser

Da die in S/4HANA verwendete In-Memory-Datenbank eine neue Technologie ist, gibt es dafür bislang kaum ausgebildete Spezialisten am Markt. Die Unternehmen müssen daher die Mitarbeiter selbst ausbilden. Möglichkeiten dafür bieten beispielsweise die von SAP selbst betriebenen Schulungen im Trainingszentrum in St. Leon-Rot oder Inhouse Schulungen der SAP-Systemhäuser für ihre Kunden. „Auch eine solide Ausbildung direkt in Unternehmen, eventuell in Form eines dualen Studiums, macht Fachkräfte in Sachen S/4HANA fit“, berichtet Ralf Peters, Fachvorstand Digitalisierung Finance und Value Chain bei der DSAG. Die Benutzervereinigung hat das Programm „DSAG Talents“ ins Leben gerufen, um Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Steinbeis Center of Management and Technology bei der Suche nach und der Weiterbildung von Fachkräften zu unterstützen.

duerenhoff-Personalberaterin Carolin Wolz empfiehlt Unternehmen bei der Auswahl der Schulungskandidaten einen Blick auf deren Stärken und den Werdegang: „Leute mit zwei bis fünf Jahren SAP-Erfahrung eignen sich sehr gut für eine Weiterbildung. Sie sind üblicherweise Cloud-affin und haben fast ihr gesamtes Berufsleben noch vor sich.“ Sehr erfahrene SAP-Spezialisten, die oft sowohl customizen als auch ABAP entwickeln können, sind laut Wolz möglicherweise an einer anderen Stelle besser aufgehoben: „Sie kennen das bestehende SAP-System sehr gut, da sie es inklusive aller Individualisierungen selbst aufgebaut haben. Wollen Unternehmen vor einer Migration das Altsystem vereinfachen und in den Herstellerstandard zurückführen, bringen die bisherigen SAP-Modulbetreuer dafür sehr gute Voraussetzungen mit.“

Personalberater sichern Fachkenntnisse und Teamfähigkeit

Geht es um das Rekrutieren zusätzliche SAP-Fachkräften, dann profitieren die Unternehmen von einer spezialisierten Personalberatung: „Wir verfügen über ein großes Netzwerk an SAP-Spezialisten, aus dem wir den Unternehmen den jeweils am besten passenden Kandidaten anbieten“, erklärt Wolz. Der zentrale Service für die Unternehmen bestehe in der sorgfältigen Vorauswahl: „Neben den fachlichen Kenntnissen achten wir darauf, dass ein Kandidat oder eine Kandidatin von der Persönlichkeit und von Ihren Erwartungen her in das SAP-Team und zu einem Unternehmen passt.“ Die Personalberater fragen ab, in welchem Umfeld ein Bewerber am liebsten arbeitet und ermitteln, ob er sich eher für ein mittelständisches oder für ein großes Unternehmen eignet. „Wir moderieren den Prozess der Bewerbung und Einstellung und machen Dinge möglich, die auf dem direkten Weg nicht zu erreichen wären“, erläutert Wolz. „Die Unternehmen bekommen ihre SAP-Fachkräfte schneller, gleichzeitig passen diese auch kulturell besser. So können sie ihr Team für die Migration in die neue SAP-Welt zielgerichtet aufbauen.“

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